Auf den Spuren der „Weißen Rose“

Weiße Rose

„Geschichte macht betroffen“ – da waren sich alle SchülerInnen der Klassen M9ab nach einer Führung an der Ludwig-Maximilians-Universität in München zum Thema „Studentischer Widerstand während des NS-Regimes“ einig.

Der erste Blick auf die Universität beeindruckte die Schüler. Dies geriet etwas in Vergessenheit, als die Schüler in einer außerordentlich interessanten Führung durch die Kuratorin Frau Dr. Holz über die Grausamkeiten des NS-Regimes erfuhren. Thematisch war die Führung zweigeteilt in die „Weiße Rose“ und in die Widerstandsgruppe um „Walter Klingenbeck“. Die Führung begann in der Aula der Uni, wo sich die Gedenkstätten für die „Weiße Rose“ und für Sophie Scholl, die die jüngste der Gruppe und die einzige Frau war, befinden. Die „Weiße Rose“ war eine studentische Widerstandsgruppe gegen das NS-Regime. Gegründet wurde die Gruppe im Juni 1942 und sie bestand bis Februar 1943.

Frau Dr. Holz widersprach der gängigen Meinung, dass viele Studenten gegen das NS-Regime eingestellt waren. Tatsächlich bekamen meistens nur die Kinder linientreuer NSDAP-Mitglieder Studienplätze. Jede Vorlesung begann mit dem Hitlergruß. Mitglieder der Weißen Rose waren u.a. die beiden Geschwister Hans und Sophie Scholl sowie deren Kommilitonen Christoph Probst, Willi Graf und Alexander Schmorell, außerdem der Universitätsprofessor Kurt Huber (Musikwissenschaften). Sie verfassten und verteilten insgesamt sechs Flugblätter mit jeweils ca. 100 Exemplaren, die zum Widerstand gegen das NS-Regime aufriefen. Die männlichen Mitglieder hatten schreckliche Erfahrungen an der Front machen müssen, sahen bei ihrem Fronteinsatz die Massenermordungen in Polen und das Elend im Warschauer Ghetto. Ende Januar 1943 ging die Schlacht um Stalingrad verloren. Etwa 230.000 Soldaten waren allein auf deutscher Seite gefallen; über 1.000.000 Menschen starben auf russischer Seite. Die Studenten waren überzeugt, dass der Krieg nicht mehr gewonnen, sondern nur mehr verlängert werden könne. Die ersten fünf Flugblätter wurden gezielt in Briefkästen verteilt. Am 18. Februar 1943 legten die Geschwister Scholl die Blätter des sechsten Aufrufs im Lichthof der Universität aus. Da noch etliche Blätter übrig waren, lief Sophie Scholl in den zweiten Stock der LMU und ließ die Flugblätter in die Aula segeln. Dabei wurde sie vom Hausmeister beobachtet und bis zum Eintreffen der Gestapo festgehalten. Am 22. Februar 1943 wurden Hans und Sophie Scholl gegen 13:00 Uhr zum Tod durch das Fallbeil verurteilt. Ihre Eltern hatten anschließend Gelegenheit, ein Gnadengesuch beim Führer zu stellen, das postwendend abgelehnt wurde. Nach einem letzten Besuch der Eltern bei ihren Kindern vollstreckte der Henker das Urteil gegen 17:00 Uhr. Dem Engagement der Familie Scholl ist es zu verdanken, dass die Widerstandsgruppe nicht in Vergessenheit geriet.

Der zweite Teil der Führung fand bei der Ludwigskirche statt. Walter Klingenbeck war bis zur Auflösung 1936 Mitglied der „Jungschar von St. Ludwig“. Deshalb wurde eine Straße hinter der Ludwigskirche nach ihm benannt. Walter Klingenbeck war Radiotechniker und baute ab 1941 eine kleine oppositionelle Jugendgruppe auf. Die Gruppe verteilte u.a. Flugblätter und führte auf Geheimsendern Widerstandaktionen gegen Hitler durch. Aus Leichtsinn erzählte Klingenbeck von einer Aktion, bei der er mit seinen Freunden auf 40 Münchner Häuser ein schwarzes „V“ gemalt hatten. Der BBC hatte im Radio dazu aufgerufen, das V-Zeichen als Kürzel für das englische Wort „victory“ zu verbreiten, um damit den Sieg der Alliierten anzukündigen. Klingenbeck und seine Freunde wurden verhaftet. Klingenbeck nahm alle Schuld auf sich, man verurteilte ihn zum Tod durch das Fallbeil. Bei dem 19-jährigen Klingenbeck wurde die Strafe 1943 vollzogen, während seine Freunde zu einer Haftstrafe im Zuchthaus begnadigt wurden. Am Ende der Führung waren die SchülerInnen tief beeindruckt vom Mut und der Selbstlosigkeit der jungen Leute, die nur wegen ihres gewaltfreien Widerstands gegen das unmenschliche und kriminelle NS-Regime hingerichtet wurden. (dl)